Das Konzept Value Based Health Care eröffnet dem Gesundheitssystem neue Perspektiven: Es stellt den Patienten in den Mittelpunkt, setzt auf die Möglichkeiten der Digitalisierung und verbindet Prävention, Behandlung und Rekonvaleszenz von Krankheiten.

Auf Hippokrates' Spuren


Der bedeutendste Arzt der der Antike hat die ganzheitliche Sicht auf die menschliche Gesundheit geprägt.
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ÜBER VALUE BASED HEALTH CARE

Der US-Ökonom Michael Porter hat dieses neue Gesundheitskonzept entworfen. Es propagiert einen neuen Umgang in der Behandlung von Krankheiten entlang des Patientenpfads.
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PATIENTENBEISPIEL BEATRICE K.

Mit einer minimalinvasiven Magen-Bypass-Operation konnte ihr Übergewicht reduziert und Folgeerkrankungen geheilt werden.
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PATIENTENBEISPIEL CHRISTIAN G.

Durch einen schonenden Eingriff im Herzen wurde seine Herzrhythmusstörungen eliminiert.
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PATIENTENBEISPIEL Adrian T.

Dank neuem Hüftgelenk kann Adrian T. wieder schmerzfrei seinem Sport nachgehen.
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Auf Hippokrates'
Spuren

MEDIZINGESCHICHTE

Heilkunde in der Antike

Gesund sein und bleiben, das wollen alle. Die Medizin will Erkrankte heilen, heute wie vor 2000 Jahren. Geändert hat sich der Stellenwert des Patienten. Einblick in eine wechselhafte Kulturgeschichte.

Gesundheit! Santé! Das wünschen wir unseren Mitmenschen. Wenn sie niesen, wenn sie Geburtstag haben. Die Franzosen erheben ihr Glas auf die Gesundheit. Seit 1948, dem Gründungsjahr der Weltgesundheitsorganisation (WHO), existiert auch eine global gültige Definition: «Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.»
Vater aller Mediziner: Hippokrates.
Dass das kostbare Gut Gesundheit nicht vom Schicksal vorbestimmt oder gar gottgegeben ist, wissen wir seit der Antike. Der Vater aller Mediziner, der Arzt Hippokrates (460–370 v. Chr.), fordert, dass jeder Mensch seine Gesundheit in die eigene Hand nehmen müsse. Was es dazu brauche, so ist überliefert, sei eine gesunde Lebensführung und Vorbeugung. Krankheiten sollten möglichst früh erkannt und medizinisch behandelt werden, um ihre Folgen im Keim zu ersticken. Er verordnete seinen Patienten «therapeia», worunter er freilich mehr verstand, als wir heute unter Therapie verstehen: «Therapeia» umfasst sowohl Heilung als auch die langfristige Nachversorgung nach der Gesundung. Hippokrates wollte wissen, wie nachhaltig positiv seine «therapeia» die Lebensqualität seiner Patienten beeinflusste. Er wollte aus Fehlern lernen.
«Niemand kann körperlich ganz gesund sein, wenn es ein Teil des Leibes nicht ist, sondern es müssen alle, oder doch wenigstens die wichtigsten Organe in derselben Verfassung sein wie das Ganze.»
Aristoteles (384–322 v. Chr.), griechischer Philosoph, Schüler Platons, Lehrer Alexanders des Grossen von Makedonien
«Neun Zehntel unseres Glückes beruhen allein auf der Gesundheit. Mit ihr wird alles eine Quelle des Genusses: Hingegen ist ohne sie kein äusseres Gut, welcher Art es auch, geniessbar»
Arthur Schopenhauer
(1788–1860)

SELBSTVERANTWORTUNG ALS POSTULAT

Arzt, Therapie und Patient sind ein Dreigestirn, bei dem jeder einen Teil zum Gelingen des Gesundungsprozesses beitragen muss. Der Arzt, der die richtige Diagnose stellen muss, die Therapie, die anschlagen und der Patient, der bereit sein muss, Selbstverantwortung für den Heilungsprozess zu übernehmen. Hippokrates Appell an die Eigenverantwortung des Patienten postulieren auch andere Geistesgrössen der griechischen Antike. Der Philosoph Aristoteles (384–322 v. Chr.) war überzeugt davon, dass nur eine diszipliniert auf die Gesundheit achtende Gesellschaft funktionsfähig ist. Die Verantwortung für eine gesunde Lebensführung erlegte er aber nicht nur der Gesellschaft, sondern vor allem dem Individuum auf.

MEDIZIN ÜBERNIMMT DIE FÜHRUNG

Eine dramatische Veränderung in der Wahrnehmung von Gesundheit bringt das 19. Jahrhundert. Industrielle Revolution und der Siegeszug der Naturwissenschaften ermöglichen der Medizin spektakuläre neue Behandlungen von Krankheiten. Erstere fördert mit der arbeitsteiligen Produktion den Fokus auf einzelne Bestandteile einer Herstellungskette, Letztere die Erfindung bahnbrechender Medikamente und medizinischer Techniken. Beides zusammen hat auch Konsequenzen auf die Behandlungsmethoden: Krankheiten werden nicht mehr im Sinne von Hippokrates in einem Gesamtkontext betrachtet, sondern isoliert behandelt. Die Medizin übernimmt die Verantwortung für den Patienten.

In Einzelteile zerlegt: Autoproduktion bei Volkswagen.
Medizinischer Durchbruch: Penizillin.
Ab dem 20. Jahrhundert wird der Körper von Forschern in Einzelteile zerlegt: Organe, Extremitäten oder Psyche und dort finden auch die medizinischen Eingriffe statt. In Labors entwickelte, hochwirksame Medikamente wie Penizillin besiegen bakterielle Infektionen wie Cholera oder Pest. Seit der Jahrtausendwende wird die Medikamentierung spezifischer und individueller. Pharmaunternehmen sprechen heute von personifizierter Medizin. In der Orthopädie verhelfen künstliche Gelenke bei Erkrankungen wie Knie-, Schulter oder Hüftarthrose zu einem beschwerdefreien Leben. Hochwirksame Medikamente, minimalinvasiv optimierte operative Eingriffe, kurze Rekonvaleszenzzeiten: Die modernen medizinischen Leistungen, basierend auf Technologie und einem immensen Wissen in der Pharmaindustrie, bringen viele Vorteile für die Patienten.

BLICK AUFS GANZE VERLOREN

Die medizinische Versorgung hat gewaltige Fortschritte gemacht. Dennoch ist etwas im Dickicht von unzähligen Therapiemöglichkeiten verloren gegangen: der Blick auf das grosse Ganze eines Menschen, wie von Hippokrates gefordert. Ärzte unterschiedlicher Disziplinen notieren jeweils die Krankengeschichte innerhalb ihres Bereiches. Zentrale Zusammenführungen dieser Informationen, die ein ganzheitliches Bild ergeben würden, fehlen. Die Folgen sind kostspielige Doppelspurigkeiten. Mediziner und Ökonomen zeigen heute mit moderner Technik einen Weg zurück in eine ganzheitliche Betrachtung von Prävention, Behandlung und Rekonvaleszenz – es ist so etwas wie Hippokrates 2.0.

Value-based health care

DER PATIENT STEHT WIEDER IM MITTELPUNKT

GESUNDHEITSVERSORGUNG HEUTE

Die neue Welt der Medizin

Ein wissenschaftlich ausgearbeitetes Konzept ermöglicht, die Behandlungsqualität im Gesundheitswesen für den Patienten zu steigern und Kosten zu sparen.

Als der amerikanische Ökonom Michael Porter 2017 am Schweizer World Economic Forum (WEF) in Davos auftritt, ist «Value Based Health Care» (VBHC) ein weltweit etablierter Begriff, der für eine Restrukturierung im Gesundheitswesen steht. Porter wird erfreut gewesen sein, er selbst hatte mit seiner Forschungsarbeit in den 90er Jahren die Basis für VBHC gelegt. Der Wissenschaftler und Harvard-Professor beschäftigte sich mit der Wirtschaftlichkeit von Gesundheitssystemen und kam zum Schluss, dass diese zu teuer und ineffizient seien. Wie, so fragte er, kann ein hoher medizinischer Versorgungsstandard mit reduzierten Kosten kombiniert werden?
292'000'000
Millionen
Einträge zum Thema Gesundheit bei Google
Vater des Value Based Health Care: Michael E. Porter.
«Die Krankheitsvorstellung sollte dringend durch eine neue Gesundheitsvorstellung ersetzt werden.»
Christa Schyboll,
Buchautorin und Kolumnistin
«Die ständige Sorge um die Gesundheit ist auch eine Krankheit.»
Platon, (428–348 v. Chr.),
griechischer Philosoph, Schüler Sokrates, Lehrer Aristoteles.
Porter untersuchte die ökonomischen Prozesse des amerikanischen Gesundheitssystems, analysierte dessen Schwächen und entwickelte daraus «Value Based Health Care». Das von ihm erarbeitete neue Modell funktioniert fundamental anders als die bestehenden. Denn im Mittelpunkt steht nicht mehr der Arzt, dessen Anweisungen, Erkenntnisse und Entscheidungen, sondern der Wert, den die Behandlung für den Patienten bringt. Porters Buch zum Thema erschien 2006: «Redefining Health Care».

Die Kosten bestehender Gesundheitssysteme werden gewöhnlich damit begründet, Qualität habe ihren Preis. Porter verfolgt einen radikal anderen Ansatz: Ein Gesundheitssystem muss ein bestmögliches Resultat für den Patienten erzielen und das bei tiefen Kosten. Seine Forderung, den Patienten wieder ins Zentrum der Versorgung zu stellen, folgt ökonomischen Prinzipien. Seine Analyse: Es existiert ein Wettbewerb zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Ärzten und das Wohl des Patienten tritt dabei in den Hintergrund.

Wichtig im Gesamtprozess ist die Frage nach dem Wert der Behandlung, gemessen in der Währung der langfristigen Lebensqualität der Patienten. Diese soll anhand von Befragungen vor und nach einer Behandlung eruiert werden. Die Fragen lauten: Wie lebt es sich zwei Jahre nach dem Implantieren einer Ersatzhüfte? Wie schnell kann der Patient in den Arbeitsprozess zurück? Wie viele Nachbehandlungen waren nötig? Nur die konsequente Verfolgung des gesamten Patientenpfades ermöglicht die qualitative Analyse. Die Digitalisierung erleichtert dabei das Sammeln, Erfassen und Auswerten aller persönlicher Daten. Der Patient selbst wird vom passiven zum aktiven Part, wie bei Hippokrates gefordert, und muss Eigenverantwortung übernehmen.
Nutzen für die Patienten: Gregory Katz.

REVOLUTIONÄRES KONZEPT

Porters Idee wurde von Gesundheitsreformern aufgegriffen und weiterentwickelt, moderne Datenverarbeitungssysteme erleichtern die Analysen. «Value Based Health Care funktioniert», urteilt Gregory Katz am Jahreskongress des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (EIT). Der Franzose ist Direktor des EIT Health Trends Report und arbeitet an der Veröffentlichung eines Berichts mit dem Titel «Implementing Value-Based Health Care in Europe: Handbook for Pioneers».

Gregory Katz, Direktor EIT Health Trends Report.


Das EIT ist ein EU-Organ, an dem Forscher interdisziplinär und länderübergreifend zusammenarbeiten. «Wir messen die Lebensqualität vor und nach einer Behandlung mit der Hilfe kalibrierter Instrumente, dies erfolgt anhand von Fragebögen», erklärt Katz.
Der Professor an der Pariser Universität postuliert eine ergebnisorientierte Medizin, die sich stark am Nutzen für die Patienten orientiert. Zentral sei, dass sämtliche Gesundheitsinstitutionen verzahnt Daten austauschen und dadurch präziser auf die spezifischen Bedürfnisse der Patienten eingehen können. Medizin soll an ihren Ergebnissen messbar werden.

Für Johnson & Johnson ist VBHC die Gesundheitsversorgung der Zukunft. Seit Jahren realisiert das Unternehmen zusammen mit anderen Gesundheitsinstitutionen wie klinischen Zentren konkrete Projekte zum Thema VBHC. «J&J will Patienten mit den Programmen für eine Werte basierte Gesundheitsversorgung eine bessere Behandlungsqualität bieten und die negative finanzielle Entwicklung im Gesundheitswesen bekämpfen», sagt Roman Iselin, Länderchef Medical Devices von J&J Schweiz.

Roman Iselin, Länderchef Medical Devices J&J Schweiz.
«Mens sana in corpore sano»
Juvenal,
römischer Satiredichter (60–140 n. Chr.)
Die bislang gemachten Erfahrungen sind ermutigend. So konnten die Kosten bei Patienten von Hüft- und Knieoperationen in einer Neuenburger Klinik durch raschere Genesung und Mobilisierung um 40 Prozent gesenkt werden. Bei bariatrischen Eingriffen wie etwa der Magenbypass-Operation in einer bestimmten Phase von starken Übergewicht, gingen die Kosten die durch Diabetes und Bluthochdruck bei starkem Übergewicht entstehen, massiv zurück. Eine Verödung des Herzens bei einer Ablation macht Blutdrucksenker obsolet. Diese Kooperationen sind für Roman Iselin «zwingend notwendig, damit VBHC das Gesundheitssystem revolutionieren kann».

Drei
Patientenbeispiele

Diese drei Geschichten erzählen von Patienten. Sei es bei Herzrhythmusstörungen, schwerem Übergewicht oder einer Hüftarthrose: Allen dreien konnte dank einem Eingriff zur richtigen Zeit und effizienter Vor- und Nachbehandlung ein langer Leidenweg erspart bleiben. 
Zusammen durch dick und dünn: Beatrice K. und Bulldogge Oskar.
«Ich habe jahrzehntelang Diäten gemacht, aber das hielt nie an»
Beatrice K.
«Adipositas ist eine chronische Erkrankung.»
Professor Ralph Peterli
11%
der Schweizer Bevölkerung leidet unter Fettleibigkeit.

DER MAGENBYPASS

«Ich bin wieder aktiv.»

Wie es aussehen kann, wenn eine effiziente medizinische Therapie im richtigen Moment eine Zäsur setzt und dadurch langfristig Kosten gesenkt werden, zeigt sich bei bariatrischen Eingriffen. So kann ein Magenbypass bei Schwerübergewichtigen langfristig Folgekrankheiten mindern oder ganz zum Verschwinden bringen.

Als sie beim Familienausflug eine leichte Steigung ausser Atem brachte und sie diese nicht mehr ohne fremde Hilfe bewältigen konnte, war für Beatrice das Mass endgültig voll: «Ich wusste, jetzt muss etwas passieren», sagt die heute 72-Jährige. 96 Kilo, verteilt auf 1,50 m Körpergrösse brachte sie damals auf die Waage. Die Folgen ihres Übergewichts machten ihr das Leben schwer: Gelenkschmerzen, Atemnot und Diabetes Typ II. Beatrice K. gehörte zu den elf Prozent fettleibigen Menschen in der Schweiz.

«Adipositas ist eine chronische Erkrankung», sagt Professor Ralph Peterli. Am Adipositas- Zentrum von Clarunis, Standort St. Claraspital in Basel, forscht der Chirurg seit Jahren zum Thema Fettleibigkeit und deren Folgen. «Die Vorstellung, dass adipöse Menschen undiszipliniert und willenlos einfach nur zu viel essen, ist falsch», sagt der Spezialist. Er sieht bei seiner täglichen Arbeit, dass viele Faktoren Fettleibigkeit fördern, sei es Genetik, Psyche, ein ungesunder Lebensstil oder eine Stoffwechselerkrankung. «Die Betroffenen können Abmagerungskuren machen, so oft sie wollen, sie nehmen von sich aus selten so viel ab, dass sie wieder ein Normalgewicht erreichen.»

Diese Erfahrung machte auch Beatrice K. «Ich habe jahrzehntelang Diäten gemacht», sagt sie, «aber das hielt nie an, ich nahm danach immer wieder zu, wurde sogar schwerer.» Und dann kamen die Folgekrankheiten. An ein normales, aktives Leben war ohne Medikamente und Therapien nicht mehr zu denken. Der Leidensdruck wurde grösser und grösser. «Man schämt sich so», sagt sie, «man sitzt im Flugzeug und muss eine Verlängerung des Gurtes verlangen, weil dieser nicht um den Bauch passt.»
Die Geschichte von Beatrice K. und ihrem Magenbypass.
12% der Männer und 10% der Frauen sind laut Bundesamt für Statistik in der Schweiz adipös. Die Zahlen haben sich in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Exorbitant gestiegen sind in dieser Zeit laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) auch die volkswirtschaftlichen Kosten: 8 Milliarden Franken kosteten übergewichtige Menschen im Jahr 2012 die Gesellschaft. Das lässt die Frage akut werden, wie adipösen Menschen geholfen werden kann, ohne dass die Kosten immer weiter steigen.

Alles über Adipositas
Adipositas (Fettleibigkeit) wird in der Medizin als chronische Krankheit eingeschätzt.

Als adipös gilt ein Body-Mass-Index (BMI) von über 30, als schwer adipös von über 35. Als normal gilt ein Body-Mass-Index 18 bis 25.

Die Folgen sind für die Betroffenen dramatisch, das krankhafte Übergewicht schränkt ihre Lebensqualität ein und verursacht schwere gesundheitliche Schäden. Zu den Folgen der Fettleibigkeit gehören unter anderem Diabetes Typ II, Fettstoffwechselstörungen (erhöhte Cholesterin- und Triglyceridwerte im Blut), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkschmerzen.

Während einer Magenbypass-Operation: Professor Ralph Peterli.
Der Magenbypass
Der Magenbypass ist ein operativer Eingriff, bei dem der Magen kurz unter dem Mageneingang abgetrennt wird.

Dieser kleine Restmagen wird mit dem Dünndarm verbunden. Die Verdauung beginnt direkt im Dünndarm. Nebst der geringeren Aufnahmekapazität und der verminderten Absorption von Nahrung werden die vom Dünndarm produzierten Hormone, welche die Sättigung steuern, positiv beeinflusst. All dies führt bei der grossen Mehrheit der Patienten zu einer Gewichtsreduktion.

Der Magenbypass gilt als letztes Mittel der Wahl, wenn konservative Wege zu einer langfristigen Gewichtsabnahme nicht fruchten. Er wird frühestens ab einem BMI von 35 vorgenommen. Die Aufenthaltsdauer nach einer Operation liegt bei drei bis fünf Tagen.

LANGFRISTIG KOSTEN SENKEN

Für Ralph Peterli ist ein chirurgischer Eingriff wie der Magenbypass ein möglicher Weg, Fettleibige langfristig von ihrem Übergewicht zu erlösen. An die 3000 dieser Eingriffe hat er bereits vorgenommen. Die Ergebnisse sind ermutigend, in den meisten Fällen führt der Bypass nicht nur zu massivem Gewichtsverlust, sondern auch zu einer Reduzierung der Kosten, die Adipositas mit sich bringt. «Schon kurz nach der Operation ist der Diabetes geringer und verschwindet teilweise ganz, Bluthochdruck reguliert sich, durch die Gewichtsabnahme verringern sich die Gelenkschmerzen, um nur einige positive Auswirkungen aufzuzählen.»
Beatrice K. hatte über die Möglichkeiten eines Magenbypass gelesen und auch darüber, dass Diabetes dadurch geheilt werden könne. Am St. Claraspital in Basel wurde sie, damals 70 Jahre alt, von einem Team, bestehend aus Ernährungsberatern, Psychologen und Ärzten, daraufhin untersucht, ob sie für den Eingriff geeignet sei. Ihre Erfahrungen sind nur positiv. «Ich fühlte mich aufgehoben, verstanden und sah endlich wieder positiv in die Zukunft, ich wusste, es kommt gut», erinnert sie sich. Der minimalinvasive Eingriff, bei dem der Magen massiv verkleinert und direkt mit dem Dünndarm verbunden wird, dauert etwa eine Stunde. Es sei trotz allem ein heftiger Eingriff, sagt sie, aber die Unannehmlichkeiten der Operation hat sie gerne auf sich genommen, «dick zu bleiben, war für mich keine Option». Alles lief nach Plan, nach fünf Tagen wurde sie entlassen.

30 Kilo hat sie seither abgenommen. Sie ist gesund. Ihr Diabetes ist verschwunden. Medikamente schluckt sie keine mehr. Sie fühlt sich, als habe sie sich ein neues Leben geschenkt: «Ich bin wieder aktiv, gehe häufig laufen mit dem Hund und treffe Freunde.» Für den Chirurgen Peterli ist der Gesamtprozess ein Zusammenspiel von interdisziplinärem medizinischem Behandlungsteam, Patient und Operationsmethode. «Wir prüfen in der Vorbereitungsphase genau, ob ein Patient bereit ist, sein Essverhalten und Bewegungsmuster nach der Operation anzupassen, um so gemeinsam mit uns das bestmögliche Ergebnis erzielen zu können.» Für ihn ist es unerlässlich, dass die Patienten auch weiterhin eng von seinem Team betreut werden, ein Leben lang.
Wieder aktiver Freizeitreiter: Herzpatient Christian G.
«Vorhofflimmern, die häufigste Herzrhythmusstörung, ist eine chronische Erkrankung, die ein Leben lang medikamentös behandelt werden muss.»
Professor Etienne Delacrétaz
«Es passierte vor dem Fernseher nach dem Nachtessen, plötzlich schlug es wie verrückt.»
Christian G.

HERZKATHETERABLATION

«Ich fühle mich wieder jung.»

Herzrhythmusstörungen zählen zu den chronischen Krankheiten und können mit unterschiedlichen Methoden therapiert werden. Eine rechtzeitig ausgeführte Herzkatheterablation kann sie praktisch zum Verschwinden bringen und weitere Folgekosten verhindern. Dies war bei Christian G. der Fall.

In rasendem Tempo flitzt der Curser über den Screen, auf dem sich rosa Bällchen in rote Bällchen verwandeln und eine Art Schlange tänzelt. Es ist die grafische Computerdarstellung eines Katheters während eines Eingriffs im Vorhof des Herzens. Bei genauem Hinschauen lässt sich ein Umriss erkennen, der einem grauen Stein gleicht. «Dies», sagt Charlotte Vivet, «ist die 3D-Innenansicht des Herzens.» Die 25-jährige Absolventin der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und Ingenieurin ist seit gut einem Jahr Clinical Support Specialist bei Johnson & Johnson. Eine von 15 hochspezialisierten Fachkräften in der Schweiz, die bei hochtechnisierten Eingriffen am Herzen Partner der Ärzte sind. An diesem Morgen arbeitet sie Hand in Hand mit Professor Etienne Delacrétaz in der Hirslanden, Clinique Cecil in Lausanne.

Hinter Charlottes Screen, getrennt durch eine Glasscheibe, befindet sich der Operationssaal. Auf dem Tisch liegt ein junger Mann im Tiefschlaf. Vor ihm, auf Hüfthöhe, sitzt der Arzt, dessen leise Kommentare und Anweisungen aus dem vor Charlotte aufgebauten Lautsprecher dringen. Professor Etienne Delacrétaz bei der Arbeit. Der Spezialist für Kardiologie und Elektrophysiologie führt eine Herzkatheterablation durch. Der minimalinvasive Eingriff, bei dem mittels eines Katheters Herzgewebe verödet wird, ist eine besonders effiziente Methode, um gefährliche Herzarrhythmien zu beseitigen.
Clinical Support Specialist: Charlotte Vivet.

DIE ANGST ALS BEGLEITER

«Vorhofflimmern, die häufigste Herzrhythmusstörung», erklärt Delacrétaz, «ist eine chronische Erkrankung, die ein Leben lang medikamentös behandelt werden muss.» Eine Heilung gibt es nicht. Unbehandelt führt sie zu Beschwerden wie Herzklopfen und Atemnot bei körperlicher Belastung, im Extremfall auch zu Schlaganfällen und Herzinsuffizienz. Mit teilweise dramatischen Folgen für die Betroffenen, die bis hin zu Invalidität reichen können. Vom Vorhofflimmern sind laut der Schweizerischen Herzstiftung hierzulande rund 100'000 Menschen betroffen, Tendenz steigend.

100'000
Menschen in der Schweiz sind laut Schweizerischer Herzstiftung vom Vorhofflimmern betroffen. Tendenz steigend.
Vorhofflimmern
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung.

Verursacht wird es durch die fehlerhafte Weiterleitung elektrischer Signale im Vorhof des Herzens. Dadurch können die Vorhöfe und Herzkammern nicht mehr aufeinander abgestimmt pumpen, meist sind sie zu schnell. Die unregelmässigen Pumpbewegungen können im Herz vermehrt Blutgerinnsel bilden. Wird ein solches Gerinnsel in den Kreislauf geschwemmt und verstopft es eine Hirnarterie, ist ein Hirnschlag die Folge.

Viele Patienten werden daher vorsorglich mit Blutgerinnungshemmern behandelt. Als Spätfolge der dauerhaft hohen Herzfrequenz kann sich auch eine Herzinsuffizienz entwickeln.
Für Erkrankte sind Herzrhythmusstörungen nicht nur lebensgefährlich, sondern auch äusserst beängstigend. So war es auch bei Christian G. Deshalb unterzog sich der 56-Jährige bei Professor Delacrétaz einer Herzkatheterablation. Dies, nachdem sein Herz von einem Tag auf den anderen aus dem Takt gefallen war. «Es passierte vor dem Fernseher nach dem Nachtessen, plötzlich schlug es wie verrückt.» Der Heizungsmonteur suchte seine Kardiologin auf. «Wir versuchten, das Herz mit Medikamenten zu beruhigen, aber das half nicht wirklich», sagt er. Der an sich sportliche Heizungsmonteur fühlte sich in der Folge schlapp, stets müde und leicht depressiv. Er fürchtete, seinem Hobby, dem Reiten, nicht mehr nachgehen zu können. «Am schlimmsten war aber die Angst», erzählt er. Er wusste, dass bereits sein Vater und dessen Bruder unter Bluthochdruck gelitten hatten und noch vor ihrem 60. Geburtstag verstorben waren. Auch er selbst nahm schon seit Jahren Blutdrucksenker.
Die Geschichte von Christian G. und seiner Herzkatheterablation.
Spezialisiert auf Herzkatheterablationen: Professor Etinne Delacrétaz.
Herzkatheterablation
Die Methode, bei der mittels Katheter und Hochfrequenzstrom Herzgewebe verödet wird, existiert bereits seit 40 Jahren und wurde seither stetig verfeinert.

Heute ist der Eingriff mit ein- bis eineinhalb Stunden eher kurz. Der Arzt schiebt durch die Vene einen Katheter in den Vorhof ein, lokalisiert das kranke Gewebe und zerstört es anschliessend durch Erhitzung.

Die Herzkatheterablationsrate in der Schweiz steigt um acht bis zwölf Prozent jedes Jahr, Tendenz steigend.
«Ich spürte kaum Schmerzen und die positiven Folgen bereits am zweiten Tag danach.»
Christian G.
Eine Herzkatheterablation ist ein Eingriff, bei dem das Gewebe, das Herzrhythmusstörungen hervorruft, gezielt verödet wird. Dies erfolgt über Katheder, die durch die Vene ins Herz eingeführt werden. Etienne Delacrétaz führt Katheterablationen seit mehr als 20 Jahren durch. Die Katheterablation sei kein chirurgischer Eingriff am Herzen, erklärt er, der Eingriff erfolge minimalinvasiv und hinterlasse äusserlich keine Spuren. Der behandelnde Arzt müsse eine hohe Fingerfertigkeit aufweisen, «vor allem aber die technischen Vorgänge verstehen und viel Übung haben». Am grossen Bildschirm hinter dem OP-Tisch verfolgt der Arzt konzentriert, wo sich die Katheterspitze, die er mit der Hand dirigiert, gerade befindet. Supporterin Charlotte liefert ihm alle Daten, die er zur Orientierung braucht. Sie dreht die 3D Bilder so, dass der Arzt die Stellen, die er veröden muss, sehen kann. Sie sind graphisch durch einen Punkt markiert, der sich je intensiver die Verödung ist, desto röter färbt. Hierbei gilt natürlich, das Herz auf keinen Fall zu verletzen.

SCHNELL ZURÜCK ZUR ARBEIT

Nach einer guten Stunde ist der Eingriff für den Patienten überstanden. Er wird aus dem OP gerollt. Bei den Kathetern der jüngsten Generation dauert die Prozedur maximal eineinhalb Stunden. Delacrétaz erinnert daran, dass das nicht immer so war: «Früher waren es bis zu vier Stunden.» Im Moment werden etwa fünf Prozent aller Herzkranken mit Herzkatheterablationen behandelt. Es sind nicht nur ältere Patienten, sondern auch Kinder und junge Menschen, Letztere sind häufig Leistungssportler. Nach der Prozedur muss der Patient wenige Medikamente einnehmen, die Gefahr von Herzinsuffizienz oder eines Schlaganfalls mit irreparablen Folgeschäden sinkt dramatisch. Der Gewinn an Lebensqualität ist spektakulär, Folgekosten, die ohne den Eingriff entstehen würden, werden reduziert. Der langfristige Heilungserfolg sinkt mit dem Alter, die Patienten sollten nicht älter als 70 Jahre sein.

Die Herzkatheterablation von Christian G. liegt mittlerweile ein halbes Jahr zurück. Der Eingriff verlief völlig unkompliziert. Er strahlt über das ganze Gesicht: «Ich spürte kaum Schmerzen und die positiven Folgen bereits am zweiten Tag danach.» Sogar die Arbeit habe er sogleich wieder aufnehmen können. Das Vorhofflimmern ist verschwunden, den noch leicht erhöhten Blutdruck hat er dank Medikamenten im Griff. Er fühlt sich fit und leistungsstark und nimmt wieder an Reitturnieren teil. «Es ist», sagt er, «als sei ich wieder jung.»
Outdoorsport ist seine Leidenschaft: Dank neuem Hüftgelenk kann Adrian T. wieder schmerzfrei Bergsteigen und Skifahren. 
«Meist vergesse ich, dass ich jemals Probleme mit der Hüfte hatte.»
Adrian T.
20 bis
25'000
Hüftprothesen werden pro Jahr in der Schweiz implantiert.

Hüftprothese

Wandern auf dem Grat

Digital kontrollierte Eingriffe, minimalinvasive Operationsmethoden und ein konsequent umgesetzter Behandlungspfad: Dank modernster Methoden ist das Einsetzen von Hüftprothesen nicht nur sicherer geworden, sondern auch effizienter. Diese Erfahrung hat Adrian Tschannen gemacht.
Mitte 50, schlank und sportlich: Und dann war da plötzlich dieser Schmerz in der rechten Hüfte. Stechend und ziemlich penetrant. «Ich dachte zunächst, es sei eine Zerrung», meint Adrian Tschannen rückblickend. Und weil er keiner ist, der jedem Wehwehchen nachgeht, ignorierte er den Schmerz. Ignorierte es auch, dass er immer erst ein paar Schritte laufen musste, bis es einigermassen ging. Aber irgendwann ging es nicht mehr. Ein Besuch beim Orthopäden verschaffte Klarheit: Auf dem Röntgenbild war deutlich eine Hüftarthrose zu erkennen. 

Es sei ein kleiner Schock gewesen, erinnert sich der Wirtschaftsinformatiker. Auch wenn in der Schweiz etwa die Hälfte aller Menschen über 60 Jahre an einer degenerativen Erkrankung der Hüften und Knie leidet, so kommt die Diagnose für die Betroffenen meist unerwartet. Und damit die Frage, was mache ich nun? Meistens beginnt dann eine Reise ins Ungewisse, denn rückgängig machen lässt sich eine Arthrose, die durch einen fortschreitenden Abbau des Gelenkknorpels entsteht, nicht mehr. «Wir versuchen, dem Patienten zunächst mit einer konventionellen Behandlung zu helfen», sagt Daniel de Menezes. Der Chef- und Facharzt für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparats hat sich auf Knie- und Hüftchirurgie spezialisiert. Zu den konservativen Behandlungsmethoden gehören etwa das Einnehmen von Schmerzmitteln mit entzündungshemmenden Eigenschaften, aber auch Kortison-Präparate, Hyaluronsäure und Physiotherapie. 
Für Adrian Tschannen bedeutete dies, dass er seine schmerzende Hüfte eine Weile lang medikamentös in Schach halten konnte. «Ich bin ein begeisterter Outdoorsportler», sagt er und deutet auf Seil und Steigeisen, die an der Wand hängen. Alpine Bergtouren, Tiefschneefahren, auch einmal Fallschirmspringen und Radfahren – es gibt wenig Sportarten, die der Bewegungsmensch Tschannen nicht ausübt. Die zunehmenden Qualen, die ihm seine Hüfte bescherte, bekämpfte er mit starken Schmerzmitteln und machte im Winter weiterhin anspruchsvolle Skitouren. Bis er eines Tages merkte: «Ich litt mehr, als dass ich die Ausflüge geniessen konnte.» Was war passiert? Die Schmerzmittel, die zugleich auch fiebersenkende Eigenschaften haben, setzten seine Körpertemperatur so herunter, dass er bei eisigen Temperaturen im Hochgebirge extrem fror. Kein Zustand, wie er eines Tages fand. Und als ihm seine Apothekerin dann nahelegte, die Hüfte doch lieber reparieren zu lassen, war der Punkt erreicht, an dem er sich eingestehen musste: Ich brauche eine neue Hüfte. 
So funktioniert die künstliche Hüfte
Die künstliche Hüfte wird dann eingesetzt, wenn bei einer Erkrankung des Hüftgelenks konservative Behandlungsmethoden nicht mehr greifen und die Patienten zu viele Einschränkungen in Kauf nehmen müssen.

Auf Seiten des Oberschenkelknochens besteht eine künstliche Hüfte aus einem Schaft, der in den zuvor präparierten Knochen eingelassen wird und auf dessen Ende ein Kopf aus Keramik oder Metall sitzt. Auf Seiten des Beckens wird eine Hüftpfanne implantiert, in die ein Inlay gepresst wird, das den Kopf umschliesst und auf dem er gleiten kann.

Verwendete Materialien sind Keramik und das hochvernetzte Polyethylen, ein Kunststoff, der im Vergleich zu früheren Materialien einen sehr geringen Abrieb vorweist.

Das Einsetzen einer künstlichen Hüfte dauert heute in der Regel 1 bis 1,5 Stunden und geschieht minimalinvasiv. 
Die Geschichte von Adrian T. und seinem Hüftgelenkersatz. 
«Der Moment, wann das Einsetzen einer Hüftprothese angebracht ist, liegt ganz allein im Ermessen des Patienten», sagt Daniel de Menezes. Für den erfahrenen Orthopäden ist die Operation der Hüfte heute ein Routineeingriff. Dies dank verbesserten Materialien, modernsten minimalinvasiven Operationstechniken und auch mehr Sicherheit während des operativen Eingriffs infolge digitaler Begleitung durch ein modernes Navigationssystem. Faktoren, die in den vergangenen Jahren zur ausserordentlich hohen Sicherheit bei diesen Eingriffen führten. Und last but not least sind die heute verwendeten Materialien ihren Vorgängern überlegen, wie de Menezes erklärt: «Es ist vor allem das hochvernetzte Polyethylen mit minimalem Abrieb, das heute in Verbindung mit einer Schaftprothese standardmässig verwendet wird, das zu guten Ergebnissen führt.» 
Daniel de Menezes beim Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks: Das digitale Nasvigationssystem «Surgical Procedure Manager» unterstützt des Team während des Eingriffs.  
«Die minimalinvasiven Operationstechniken führen zu weniger Wundschmerzen und letztlich zu einem verkürzten Heilungsprozess.»
Dr. Daniel de Menezes,
Chefarzt Orthopädie Spitalzentrum Biel
Während der Operation selbst vertraut der Arzt nicht nur auf das Können des Teams und seine eigenen medizinischen Fähigkeiten, sondern auch auf die Unterstützung durch ein digitales Navigationssystem, des «Surgical Procedure Manager» (SPM). Das audiovisuelle System arbeitet mit Ton und Bildschirm und führt durch jeden Schritt der Operation. So weiss jedes Mitglied des medizinischen Teams, was es wann und wo zu tun hat. Zudem wird jeder Schritt kontrolliert, erst wenn ein Prozess korrekt abgeschlossen ist, kann am Eingriff weitergemacht werden. «Das System erhöht die Sicherheit während einer Operation», meint de Menezes, «jeder aus dem Team macht zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Schritt.» Keine Aktion geht vergessen. Ausserdem werden wertvolle Daten gesammelt und später ausgewertet. Eine digitale Absicherung der Prozesse bei der Durchführung von Operationen sei wichtig, meint der Spezialist, damit könne man menschliches Versagen fast gänzlich eliminieren, «in anderen Bereichen ist das längst obligatorisch, zum Beispiel in der Flugüberwachung». 

Das Hüftgelenk: Scharnier im Becken 
Die Hüftgelenke sind zentral für die biomechanische Einstellung in der Statik des Skeletts. Sie sorgen dafür, dass das Becken waagrecht gehalten wird und die Wirbelsäule im rechten Winkel über dem Becken steht. So kann das Gewicht des Körpers optimal auf den Beinen liegen.

Verbunden sind Oberschenkel- und Hüftknochen im menschlichen Skelett durch ein Kugelgelenk. Dieses besteht aus dem sich am Ende des Oberschenkelknochens befindenden Hüftkopf und der -pfanne, einer halbkugelförmigen Vertiefung im Beckenknochen. Das Scharnier zwischen Bein und Beckenknochen ermöglicht dem Oberschenkel eine grosse Bewegungsfreiheit.

Damit dies reibungslos funktioniert, sind Hüftpfanne und -kopf mit einer knorpeligen Gleitschicht überzogen, die wie Stossdämpfer jede Bewegung abfedern. Zusätzlich versorgt eine Gelenkflüssigkeit im Inneren des Gelenks den Knorpel mit den erforderlichen Nährstoffen und «schmiert» zusätzlich das Gelenk. 
Generell wird in Biel während des gesamten Prozesses – dem Behandlungspfad – auf ein standardisiertes Verfahren gesetzt. Das heisst, die Abläufe, die durch ein Team von medizinischen Spezialisten durchgeführt werden, sind immer gleich. Um möglichst fit in die Operation zu gehen und hinterher sich schnellstmöglich zu regenerieren, erhalten die Patienten vor und nach der Operation ein massgeschneidertes Informations- und Bewegungsprogramm. Das gibt Sicherheit. «Ich fühlte mich von Anfang an gut aufgehoben», erinnert sich Adrian Tschannen. Er wurde zunächst mit anderen Patienten und den Angehörigen zu einem Aufklärungsgespräch eingeladen, erhielt dann eine eigene Betreuungsperson und wusste deshalb von Beginn an, was ihn und seine Familie erwarten würde. «Man hat anfänglich viele Fragen und ich bekam mit Karin eine Person zur Seite gestellt, die ich jederzeit kontaktieren konnte und die mich durch den ganzen Prozess begleitete.» Die mit den Patienten gemachten Erfahrungen werden digital gesammelt, ausgewertet und auf diese Weise Fehler immer konsequenter eliminiert. Ein weiterer Pluspunkt sind die Kosten. Dank des standardisierten Verfahrens konnten sie am Spitalzentrum Biel reduziert werden. Für die Patienten in jeder Hinsicht eine komfortable Situation. 

Die Feinde der Hüfte: Arthrose und andere Erkrankungen
Es gibt viele Gründe, warum eine Hüfte Schmerzen verursacht. In der Mehrzahl der Fälle ist eine Arthrose, die altersbedingte Verschleisserscheinung des schützenden Knorpels in Hüftkopf und -pfanne, dafür verantwortlich. Ist der Knorpelverschleiss weit fortgeschritten, führt dies dazu, dass die beiden Knochen ohne Schutz aufeinander reiben: Das Laufen verursacht zunehmend Schmerzen.

Andere Ursachen, die die Hüfte zerstören können, sind Rheuma- und Stoffwechselerkrankungen, Entzündungen, angeborene Fehlstellungen und unfallbedingte Verletzungen wie Frakturen.

Ist die Hüfte nachhaltig geschädigt, kann heute durch das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks Abhilfe geschaffen werden. 
Für Adrian Tschannen kam die grosse Überraschung direkt nach dem Eingriff: «Ich durfte bereits am ersten Tag auf dem Bein stehen, sogar laufen.» Das erstaunt Daniel de Menezes nicht, «die minimalinvasiven Operationstechniken führen zu weniger Wundschmerzen und letztlich zu einem verkürzten Heilungsprozess.» So auch bei Adrian Tschannen, nach ein paar Tagen war er wieder zuhause. Natürlich dauerte es noch einige Monate, in denen er mit Hilfe von Physiotherapie wieder an Kraft und Beweglichkeit gewinnen musste, aber es ging stetig bergauf. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Schon nach gut fünf Monaten wanderte der Freizeitsportler wieder in seinen geliebten Bergen, balancierte über Grate und fühlt sich eineinhalb Jahre nach dem Eingriff so sicher und frei wie zuvor: «Meist vergesse ich, dass ich jemals Probleme mit der Hüfte hatte.»  
Surgical Procedure Manager: Digital gesteuerter Workflow im OP
Surgical Procedure Manager (SPM) ist ein digital gesteuerter Workflow, der Chirurgen und das OP-Team dabei unterstützt, optimale medizinische Standards zu schaffen. Die Plattform erlaubt es, medizinische Abläufe zu entwickeln, zu digitalisieren und zu implementieren.

Jeder im OP gemachte Schritt wird chronologisch illustriert und dokumentiert. Dieser geführte Arbeitsablauf sorgt dafür, dass menschliche Fehler vermieden werden, und garantiert höchste Qualitätsstandards. Zudem können sich neu hinzukommende medizinische Fachkräfte an ihm orientieren und leichter einarbeiten.

Dank der aufgezeichneten Daten werden die Behandlungsqualität messbar und die Prozesse laufend optimiert und dadurch verkürzt. Dies macht die Eingriffe kostengünstiger und sicherer zugleich – für den Patienten und das Spital.